„Ich hab‘ gedacht, ich hab‘ sie abgehängt
Aber sie holt mich immer wieder ein
Sie tut mir bis heute weh
Und hat mich so oft abgelenkt
Vielleicht brauch‘ ich noch mehr Zeit
Ich will nicht traurig sein und ich will nicht drüber reden
Ich will der ganzen Scheiße nicht nochmal begegnen
Ich will nicht traurig sein und ich will nicht drüber reden

Ich will ein Meer zwischen mir und meiner Vergangenheit
Ein Meer zwischen mir und allem, was war
Ich will ein Meer zwischen mir und meiner Vergangenheit
Ein Meer zwischen mir und allem, was war…“

Manchmal gibt es Songs, die nicht nur Worte und Melodien sind, sondern Erinnerungen tragen… bittersüße, raue, die sich anfühlen wie Salz auf offener Haut. Für mich ist „Ozean“ von AnnenMayKantereit genau so ein Song. Wenn ich ihn höre, tauche ich zurück in eine Zeit, die mich geprägt hat. Eine Zeit voller Dunkelheit und Zweifel, aber auch voller tiefer Gefühle, die bis heute nachhallen.

Ich denke fast immer bei dem Lied an meine Schulzeit zurück und an die damit verbundene Dunkelheit der Depression, die diese Zeit überschattete. Besonders die letzten beiden Schuljahre fühlten sich an wie ein nicht enden wollender, quälender Ritt durch die Hölle.

Der Ritt begann bereits in der 8. Klasse. Meine Hautkrankheit hat mich immer mehr isoliert und machte mich zum Außenseiter. Zu der Zeit war meine Haut richtig beschissen und das hat mich mental sehr heruntergezogen. Nicht nur, weil ich mich oft wie ein Monster gefühlt habe, sondern auch, weil ich von anderen ausgegrenzt wurde. Für mich war das der Punkt, an dem ich zum Einzelgänger wurde und in meine eigene Welt flüchtete.

In der 9. Klasse kam dann auch noch Mobbing dazu und ab da war es völlig um mich geschehen. Ich war innerlich gebrochen und das bisschen Selbstwertgefühl, das ich noch hatte, war nicht mehr existent. Schule war für mich ein Ort der Dunkelheit, der Leere. Ich konnte nicht wirklich darüber sprechen. Jedes Mal, wenn das Thema aufkam, zog ich mich zurück. Meine Eltern haben in dieser Zeit alles versucht, um mir zu helfen. Sie haben sich große Sorgen gemacht, nicht nur um meine Depression, sondern auch um meine schulischen Leistungen. Aber ich konnte nicht mehr. Ich hatte keine Kraft mehr für die Schule. Für mich war jeder Tag ein Kampf, den ich einfach nicht mehr kämpfen wollte.

Kurz bevor das vorletzte Schuljahr endete, hatten meine Eltern den Vorschlag, dass ich die Schule für das Abschlussjahr wechseln könnte. Für mich war das ein kleiner Hoffnungsschimmer, ein Neuanfang, den ich mir so sehr gewünscht hatte. Aber diese Hoffnung wurde schnell zerstört, vom Direktor und meinem Klassenlehrer. Sie wollten nicht, dass ich die Schule wechsel und haben das auch mit allen Mitteln verhindert.

Belastet von all den negativen Erlebnissen und Gedanken quälte ich mich durch die 10. Klasse. Während der Prüfungszeit war ich in meiner Depression gefangen wie nie zuvor und meine Eltern waren ratlos. Am Ende glaubten sie nicht einmal mehr an mich und daran, dass ich es schaffen könnte. Ich selbst hatte den Glauben an mich schon lange verloren. Doch ich bestand meine Prüfungen. Mit diesem kleinen Triumph begann ich einen Neuanfang, der nicht immer leicht war.

Heute, wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, sehe ich nicht nur die Dunkelheit, die mich damals umgeben hat. Ich sehe auch, wie sehr ich daran gewachsen bin, wenn auch auf die schmerzhafte Weise, die man sich nie aussuchen würde. Diese Jahre haben mich geprägt, sie haben mich gelehrt, wie stark ich sein kann, auch wenn ich es damals nicht sehen konnte.

Ich wünschte, ich hätte mir selbst damals sagen können, dass es besser wird. Dass ich eines Tages an einem Punkt stehe, an dem die Wunden heilen und nur noch Narben bleiben. Dass ich irgendwann zurückblicken kann, ohne dass es wehtut oder zumindest ohne, dass der Schmerz mich überwältigt. Heute weiß ich, dass all das ein Teil von mir ist, ein Kapitel meines Lebens, das nicht ausgelöscht werden kann.

Vielleicht ist es genau das, was Ozean für mich bedeutet: der Wunsch nach Abstand, nach einem Raum zwischen mir und der Vergangenheit. Aber dieser Abstand bedeutet nicht, alles zu vergessen. Es bedeutet, loszulassen, ohne zu verdrängen. Die Vergangenheit ist ein Teil von mir, aber sie definiert mich nicht mehr. Und das ist eine Freiheit, die ich mir selbst erkämpft habe.

In dem Sinne

Stay phenomenal!✌️